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Der Vorsorgeauftrag – ein Instrument für (fast) jedes Alter und ohne Einbezug der KESB

Der Vorsorgeauftrag ist neben den klassischen erbrechtlichen Verfügungsformen (z.B. Testament, Ehe- und Erbvertrag), die sich auf das Versterben beziehen, ein wichtiger Pfeiler einer sorgfältigen Nachlassplanung. Man hat damit die Möglichkeit, für den Fall der möglichen eigenen Urteilsunfähigkeit vorzusorgen.

Stiefel und Regenschirm

Vernunftgemässes Handeln und Beistandschaft

Urteilsunfähigkeit bedeutet, dass ein Mensch durch eine Krankheit (z.B. Demenz) oder wegen eines anderen Grundes (z.B. Kindesalter, Trunkenheit, Koma oder Hirnschädigung nach einem Unfall) nicht mehr «vernunftgemäss» handeln kann, also die Tragweite seiner Entscheidungen und seines Handelns nicht einschätzen kann. Eine Urteilsunfähigkeit kann je nach Ursache bleibend oder vorübergehend sein.


Bei einer erwachsenen Person kann eine Urteilsunfähigkeit, die mindestens über einen gewissen Zeitraum anhält, dazu führen, dass diese Person gewisse alltägliche Handlungen nicht mehr ausführen oder Entscheidungen nicht mehr fällen kann. Zum Schutz der betroffenen Person und zur Aufrechterhaltung ihrer Handlungsfähigkeit wird die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) wenn nötig eine Beistandschaft errichten – sie bestimmt also eine Drittperson, für den Betroffenen zu handeln. Eine solche Beistandschaft ist gesetzlich geregelt, kann sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und untersteht der Aufsicht der KESB. Zudem benötigt der Beistand für gewisse Handlungen (z.B. im Zusammenhang mit dem Vermögen) die Zustimmung der KESB. Dieser hoheitliche Eingriff in das Leben einer Person entspricht nicht mehr der heutigen Gesellschaft, in welcher Selbstbestimmung wichtig ist und der Staat subsidiär handeln soll.

Grösstmögliche Flexibilität durch den Vorsorgeauftrag

Der Gesetzgeber hat den Zeitgeist erkannt und 2013 mit dem Vorsorgeauftrag ein Instrument geschaffen, welches es erlaubt, selbstbestimmt und flexibel zu handeln und ganz individuell sowie mit einem minimalen staatlichen Eingriff darüber zu bestimmen, wer im Falle einer Urteilsunfähigkeit in welcher Art und Weise für einem handeln darf.

Ein Vorsorgeauftrag ist an gewisse Formvorschriften gebunden, man hat aber ansonsten eine umfassende Freiheit in der Formulierung. Je nach konkretem Fall ist es daher wichtig, sich eingehende Gedanken zu machen, welche Lebensbereiche der Vorsorgeauftrag umfassen soll und wie man bestimmt, auf welche Art und Weise die beauftragte Person handelt. Gerade wenn die Urteilsunfähigkeit nur vorübergehend ist, möchte man doch im Hinblick auf die Wiedererlangung der Urteilsfähigkeit sicherstellen, dass die eigenen Geschäfte so weitergeführt werden, wie man es auch selbst tun würde.

Minimales Eingreifen der KESB durch Vorsorgeauftrag

Das Erwachsenenschutzrecht sieht vor, dass die zuständige KESB Verantwortung übernimmt und bestimmt, welche Massnahmen für eine urteilsunfähige Person getroffen werden müssen, wenn diese nicht selbst mit einem Vorsorgeauftrag vorgesorgt hat.

Dabei wird die KESB, zuerst gestützt auf das Urteil von Experten (bspw. Arzt), feststellen, dass die betroffene Person urteilsunfähig geworden ist. Anschliessend klärt sie ab, ob ein Vorsorgeauftrag besteht oder nicht. Wenn kein solcher errichtet worden ist, dann wird die KESB eine Beistandschaft über die Person errichten und entscheiden, wie weitgehend diese Beistandschaft ist und wer künftig als Beistand eingesetzt werden soll. Die KESB hat den Auftrag, die Interessen der verbeiständeten Person zu respektieren und wird im Normalfall einen Angehörigen oder eine andere nahestehende Person wählen. Falls sie aber zum Schluss kommt, dass diese Personen nicht geeignet sind, bestimmt sie selber einen Beistand, bspw. einen Amtsbeistand. Dieser kennt die verbeiständete Person nicht und muss zuerst versuchen, ihre Lebensumstände, Wünsche und Bedürfnisse kennen zu lernen.


Die Tätigkeit des Beistands ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden; wo er nicht selbst entscheiden darf, muss die KESB für die betroffene Person entscheiden. Dies betrifft im Alltag ganz konkret die Art und Weise der Vermögensverwaltung oder beispielsweise den Einbau eines Treppenlifts im Eigenheim.


Mit einem Vorsorgeauftrag kann man vorgängig selber bestimmen, wer einem im Falle der Urteilsunfähigkeit vertreten soll und wie diese Vertretung ausgestaltet wird. Wenn man ihr die entsprechenden Kompetenzen gibt, hat die vorsorgeberechtigte Person im Gegensatz zum amtlichen Beistand viel mehr Handlungsspielraum und Entscheidungskompetenz. Auch wenn die KESB ohne Vorsorgeauftrag dieselbe Person als Beistand einsetzen würde, so ist der Vorsorgeauftrag durch die viel grössere Flexibilität in jedem Fall das richtige Instrument, um weiterhin ein «normales Leben» zu führen.


In jedem Alter sinnvoll Eine Urteilsunfähigkeit ist keine Frage des Alters. So kann man jederzeit durch einen Unfall oder eine Krankheit urteilsunfähig werden. Daher empfehlen wir, sich frühzeitig (ab dem 18. Geburtstag kann man einen Vorsorgeauftrag erstellen) darüber Gedanken zu machen, wer in einem solchen Fall ohne Errichtung einer Beistandschaft durch die KESB für einem handeln soll.

Wir zeigen Ihnen gerne die Möglichkeiten auf und unterstützen Sie bei der Erstellung Ihres Vorsorgeauftrags.

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