Vorsorgeauftrag
Der Vorsorgeauftrag ist neben den klassischen erbrechtlichen Verfügungsformen (z.B. Testament, Ehe- und Erbvertrag), die sich auf das Versterben den Todesfall beziehen, ein wichtiger Pfeiler einer sorgfältigen Nachlassplanung. Man hat damit die Möglichkeit, im Bereich des Erwachsenenschutzrechts für den Fall der möglichen eigenen Urteilsunfähigkeit vorzusorgen.
FÜR WAS IST ER?
Im Falle der Urteilsunfähigkeit
Ein Vorsorgeauftrag ist an gewisse Formvorschriften gebunden, man hat aber ansonsten eine umfassende Freiheit in der Formulierung. Je nach konkretem Fall ist es daher wichtig, sich eingehende Gedanken zu machen, welche Lebensbereiche der Vorsorgeauftrag umfassen soll und wie man bestimmt, auf welche Art und Weise die beauftragte Person handelt. Gerade wenn die Urteilsunfähigkeit nur vorübergehend ist, möchte man doch im Hinblick auf die Wiedererlangung der Urteilsfähigkeit sicherstellen, dass die eigenen Geschäfte so weitergeführt werden, wie man es auch selbst tun würde.
Der Vorsorgeauftrag erlaubt es, selbstbestimmt und flexibel zu handeln und ganz individuell sowie mit einem minimalen staatlichen Eingriff darüber zu bestimmen, wer im Falle einer Urteilsunfähigkeit in welcher Art und Weise für einem handeln darf.
EIGENER WILLE
Minimales Eingreifen der KESB durch Vorsorgeauftrag
Das Erwachsenenschutzrecht sieht vor, dass die zuständige KESB Verantwortung übernimmt und bestimmt, welche Massnahmen für eine urteilsunfähige Person getroffen werden müssen, wenn diese nicht selbst mit einem Vorsorgeauftrag vorgesorgt hat.
Dabei klärt die KESB ab, ob ein Vorsorgeauftrag besteht oder nicht. Wenn kein solcher errichtet worden ist, dann wird die KESB eine Beistandschaft über die Person errichten und entscheiden, wie weitgehend diese ist und wer künftig als Beistand eingesetzt werden soll.
Mit einem Vorsorgeauftrag kann man vorgängig selbst bestimmen, wer einem im Falle der Urteilsunfähigkeit vertreten soll und wie diese Vertretung ausgestaltet wird. Wenn man ihr die entsprechenden Kompetenzen gibt, hat die vorsorgeberechtigte Person im Gegensatz zum amtlichen Beistand viel mehr Handlungsspielraum und Entscheidungskompetenz. Auch wenn die KESB ohne Vorsorgeauftrag dieselbe Person als Beistand einsetzen würde, so ist der Vorsorgeauftrag durch die viel grössere Flexibilität in jedem Fall das richtige Instrument, um weiterhin ein «normales Leben» zu führen.
INHALT
Urteilsunfähigkeit, vernunftgemässes Handeln und Beistandschaft
Urteilsunfähigkeit bedeutet, dass ein Mensch durch eine Krankheit (z.B. Demenz) oder wegen eines anderen Grundes (z.B. Kindesalter, Trunkenheit, Koma oder Hirnschädigung nach einem Unfall) nicht mehr «vernunftgemäss» handeln kann, also die Tragweite seiner Entscheidungen und seines Handelns nicht einschätzen kann. Eine Urteilsunfähigkeit kann je nach Ursache bleibend oder vorübergehend sein.
Bei einer erwachsenen Person kann eine Urteilsunfähigkeit, die mindestens über einen gewissen Zeitraum anhält, dazu führen, dass diese Person gewisse alltägliche Handlungen nicht mehr ausführen oder Entscheidungen nicht mehr fällen kann. Zum Schutz der betroffenen Person und zur Aufrechterhaltung ihrer Handlungsfähigkeit wird die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) wenn nötig eine Beistandschaft errichten – sie bestimmt also eine Drittperson, für den Betroffenen zu handeln. Der Beistand benötigt für gewisse Handlungen (z.B. im Zusammenhang mit dem Vermögen) allerdings die Zustimmung der KESB. Dieser hoheitliche Eingriff in das Leben einer Person entspricht nicht mehr der heutigen Gesellschaft, in welcher Selbstbestimmung wichtig ist und der Staat subsidiär handeln soll.
NACH GESETZ
Regelungsbereiche und Inhalt des Vorsorgeauftrags
Das Gesetz gibt folgende Bereiche vor, für die man in einem Vorsorgeauftrag je auch separate Beauftragte bestimmen kann:
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Personensorge (z.B. persönliches Wohl, Wohnen, Öffnen der Post, Pflege)
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Vermögenssorge (z.B. Finanzen, Zahlungsverkehr, Verwaltung von Einkommen und Vermögen)
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Rechtsvertretung (z.B. Abschluss und Auflösung von Verträgen)
Ein Vorsorgeauftrag muss grundsätzlich mindestens die Nennung der beauftragten Person, die Definition der Aufgabenbereiche sowie eine Bestimmung enthalten, dass es sich um einen Vorsorgeauftrag handelt.
Allerdings empfiehlt es sich, den Vorsorgeauftrag konkreter zu formulieren. Dabei gibt es verschiedene Varianten:
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Je nach Situation allgemein gehalten oder sehr spezifisch und ausführlich formuliert
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Erteilung von spezifischen Weisungen an die beauftragte Person
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Festlegen von Handlungs- und Entscheidungsrichtlinien im Hinblick auf die Ausführung des Vorsorgeauftrags
ABSICHERUNG
Kann der Ehepartner ohne Vorsorgeauftrag handeln?
Wenn man keinen Vorsorgeauftrag erstellt hat, ist man oft nicht optimal abgesichert – auch wenn man verheiratet ist.
So können sich verheiratete Personen, welche im selben Haushalt wohnen, zwar gegenseitig vertreten. Diese Vertretung umfasst allerdings nur den üblichen Unterhalt, die ordentliche Verwaltung von Einkommen und Vermögen sowie das Öffnen und Erledigen der Post. Darüber hinausgehende Entscheidungen müssen von der KESB bewilligt werden.
Deshalb empfehlen wir auch verheirateten Personen, einen Vorsorgeauftrag zu erstellen. Lesen Sie hierzu unseren NachlassFokus Beitrag zum Thema Vorsorgeauftrag für Ehegatten.
Vorsorgeauftrag Vorlage
Im Internet lässt sich die eine oder andere Vorsorgeauftrag Vorlage finden. Ein solches Vorsorgeauftrag Muster oder Formular ist aber nur eingeschränkt brauchbar und seriös. Wir verzichten darauf, eine allgemeine Vorlage zu veröffentlichen, da unserer Ansicht nach jeder Vorsorgeauftrag individuell auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt werden sollte. Im Rahmen unserer Erbschaftsberatung stellen wir sicher, dass der Vorsorgeauftrag inhaltlich und formell stimmt.
Vorsorgeauftrag St. Gallen
Die Beratung zum Vorsorgeauftrag findet in St. Gallen oder bei Ihnen zuhause statt. Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung eines auf Ihre Bedürfnisse angepassten Vorsorgeauftrags. Kontaktieren Sie uns, damit wir das Vorgehen besprechen können.
Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang auch zur Patientenverfügung, zum Ehe- oder Konkubinatsvertrag und ganz allgemein zum Erbrecht und der Willensvollstreckung.