Mit dem Pflichtteil wird im schweizerischen Erbrecht sichergestellt, dass gewisse Erben einen Anteil am Nachlass erhalten. Der Erblasser hat dabei wenig Spielraum.
«Ich enterbe dich!» – dieser Satz wird oft gedacht oder ausgesprochen, allerdings ist dies in der Schweiz und in Bezug auf pflichtteilsgeschützte Erben sehr schwierig. Eine Enterbung wegen Streitigkeiten oder Antipathie ist nicht möglich. Man kann bspw. ein Kind nur enterben für etwa eine schwere Straftat gegenüber dem Erblasser oder einem nahen Angehörigen. Daher bleibt nur, die betreffende Person auf den Pflichtteil zu setzen.
Der Pflichtteil als Anteil des gesetzlichen Erbteils
Wenn man den Pflichtteil eines Erben ausrechnen möchte, so muss man zuerst seinen gesetzlichen Erbteil bestimmen; denn der Pflichtteil wird als Anteil des gesetzlichen Erbteils angegeben.
Der gesetzliche Erbteil ist der Anteil eines Erben am Nachlass, so wie ihn das Zivilgesetzbuch bestimmt, für den Fall, dass der Erblasser keine Verfügungen erlassen hat (bspw. in einem Testament).
Beispiel: Erben sind Ehepartner und Nachkommen
Der Pflichtteil wird im Gesetz als Teil dieses gesetzlichen Erbteils bestimmt. Derjenige, der Ehepartner ist bspw. 1/2, derjenige der Nachkommen 3/4. Dies hat in unserem Beispiel folgende Ausirkungen:
Alles, was nicht von einem Pflichtteil belegt ist, nennt man frei verfügbare Quote. Über diese frei verfügbare Quote kann der Erblasser frei bestimmen.
Pflichtteilsgeschützte Erben und deren Quoten
Der Pflichtteil im schweizerischen Erbrecht beträgt:
Nachkommen (Kinder, Enkel, Urenkel): je 3/4 des gesetzlichen Erbteils
Ehepartner und eingetragene Partner: 1/2 des gesetzlichen Erbteils
Eltern: je 1/2 des gesetzlichen Erbteils
Erblasser, die keine pflichtteilsgeschützten Erben haben, können frei über den gesamten Nachlass verfügen.
Erbrechtsrevision: Anpassung der Pflichtteile
Mit der aktuellen Erbrechtsrevision sollen die im Vergleich zu den meisten anderen Ländern sehr hohen Pflichtteile zu Gunsten von mehr Handlungsspielraum der Erblasser nach unten korrigiert werden. Der Plan ist es, dass die Nachkommen zukünftig 1/2 Pflichtteil haben (statt 3/4) und der Pflichtteil für die Eltern ganz wegfallen wird.
Der Verzicht auf den Pflichtteil
Zukünftige Erben können in einem Erbvertrag auf ihren dannzumaligen Pflichtteil verzichten. Oftmals wird dies im Rahmen der Meistbegünstigung der Ehepartner im Erstversterbensfall gemacht, indem die Kinder nur für das Erstversterben verzichten, damit der überlebende Elternteil möglichst grosse finanzielle Sicherheit hat.
Es gibt auch Fälle, in denen Nachkommen ganz auf Ihren Pflichtteil verzichten und dafür schon zu Lebzeiten eine Abfindung erhalten, weil sie bspw. Kapitalbedarf haben (sog. Erbauskauf).
Nachlassplanung
Im Rahmen der Nachlassplanung ist das Pflichtteilsrecht zentral. Durch gezielte Massnahmen kann – auch wenn man Pflichtteile berücksichtigen muss – oftmals ein gutes Erreichen der Ziele bewirkt werden, z.B. die Absicherung des Ehepartners.